.
über 500 Ausflugsmöglichkeiten auf einen Blick

Oldtimertreffen in Zug

 
 
 
 

Hotels in der Schweiz, Deutschland und Österreich

Übernachtungsmöglichkeiten in Rust

Übernachtungsmöglichkeiten rund ums Legoland

Alles um Ihren Event

Die Geschichte des Willhelm Tell aus einem Schulbuch von 1968

Die Geschichte des Willhelm Tell wie sie uns in der 4. Klasse präsentiert wurde. Nehmen sie sich Zeit diese Geschichte zu lesen. 

So lernten wir damals Schweizergeschichte. Interessant, Unterhaltsam und es hat uns zu dem geformt was wir heute sind. Wir wünschen Ihnen viel Spass beim lesen und vielleicht ein paar anregende Gedanken wie es einmal war und was wir heute daraus für parallelen ziehen können, oder sollten.

Auf der Burg Sarnen
Ein sonderbarer Zug von Bauern bewegte sich am ersten Maimorgen über dem Dorfe Sarnen den steilen Weg hinauf zum Burghügel des verhassten Vogtes. Es war Zinstag. Der Beringer von Landenberg forderte von seinen Untertanen die Abgaben. Weit offen standen seine leeren Keller und Speicher. Wehe den Bauern, wenn bis zum Abend die Räume nicht bis obenauf gefüllt waren ! Der Landenberger war grausam und schrecklich in seinem Zorn. Still, mit verbissenen Mienen, stampften die Obwaldner den Burgweg empor. Ab und zu stockte einer, warf den gebeugten Kopf zurück und schleuderte seine Last zu Boden. " Der gelbe Teufel da oben soll sein Futter selber tragen !" Zuhinterst trieben Buben und Mädchen die Tiere den Hangweg hinauf, Ziegen, Kälber, Schweine und Lämmer, welche die Kinder mit Tränen im Stalle losgebunden hatten. Auch ein altes Weiblein humpelte mit. Es war die Witwe des Karli Josef. Eine Lawine hatte im Winter ihren Mann verschüttet, und nun musste sie das beste Gewand des Toten dem Vogt abgeben. Die ersten Bauern hatten die Burg erreicht. Stolz reckten sich die Türme zum Himmel empor. Einige Männer wussten aber auch, wie tief hinein in den Fels sie sich senkten. Sie kannten die wahnsinnigen Stille dieser finstern Verliese, in denen nur die Ketten der Gefangenen rasselten. Die Männer knirschten mit den Zähnen. Mehr wagten sie nicht. Und sie zuckten zusammen, als sich oben in der Burg ein Fensterladen öffnete. Wenig später knarrte das Burgtor, und die Untertanen konnten in den weiten Hof eintreten. Bewaffnete Knechte behielten die Bauern scharf im Auge. Wenn einer sich mucksen sollte, würde er es mit ihnen zu tun bekommen. Ein buntgekleideter Knecht stand vor dem grossen Tisch. Hinter dem Ohr trug er einen Federkiel, und mit herrischer Miene musterte er die pflichtigen Bauern. Er entrollte ein Stück Pergament, auf dem in langen Kolonnen Namen und Zahlen aufgezeichnet waren. "Nicklaus Amstalden!" Der schmächtige Schreiberknecht hatte sich auf einen hohen Stuhl an den Tisch gesetzt und wiederholte nochmals spitz und ungeduldig: "Niklaus Amstalden ist aufgerufen. Kommt der Mann, oder muss ich ihn holen lassen ?" Ein grosser, hagerer Bauer bahnte sich den Weg aus den Reihen der Wartenden. "Zwei Mütt Kernen !"(Altes Getreidemass) krächzte der Schreiberling.
Das Mütt entsprach in der Deutschschweiz einer Mannslast (Sack), die im Mittelland zwischen 65 und 108 Kilogramm betrug. Grössere Mütt gab es in der Zentralschweiz (138–150 Liter), in Bern und Solothurn (158–168 Liter) sowie in Graubünden (165–185 Liter).
Der Bauer schwang seinen Sack von der Schulter und warf ihn unwillig auf den Tisch. Der Schreiber schaute auf. "He Mann, was ist das für eine grobe Art ? Ihr seid hier nicht im Kuhstall. Dort gibt's ein dunkles Loch, wenn es Euch an der Sonne zu wohl ist." Dabei wies der Schreiber mit seinem dürren Zeigefinger zum Turm hinüber. Der Bauer knurrte einen Fluch vor sich hin, der in seinem dichten Bart erstickte. Trotzig wandte er sich vom Tische ab. Der Schreiber rief die Wache: "Öffnet den Sack !" Wie ein braves Hündchen eilte der Knecht herbei und hielt dem mürrischen Schreiber den geöffneten Sack hin. Dieser fuhr mit seiner weissen Hand durch die goldenen Körner, schüttete ein paar Handvoll davon auf den Tisch heraus und schoss wie ein kleiner Teufel hoch:
"Hundeware ist's! Weiss der Amstalden noch nicht, dass er dem Vogt gute Frucht schuldet ?" Niklaus Amstalden stand schon ganz hinten bei der Tür. Jetzt hob er den Kopf. Nochmals schob er seine Leute beiseite und pflanzte sich breitbeinig am Tisch auf. " Was ist nicht recht an diesem Korn ?" fragte er beleidigt. "Korn soll das sein - Korn ? Mist ist das, aber keine Brotfrucht für den Herrn Vogt. Schafft mit gutes Korn herbei !" Der Schreiber schrie wie ein Besessener. " Oder sollen meine Knechte es holen ? Kannst dann den Winter durch an deinem leeren Daumen saugen." Der Bauer horchte auf. Totenstille war im Hof. Niklaus Amstalden atmete tief, als er sprach: " Das Korn ist recht. Es ist das letzte, das ich habe." Der Schreiber sprang vom Stuhl auf. "Du wagst mir zu wiederreden, frecher Bauer? Weisst du nicht, dass ich für den Vogt hier sitze und einziehe, was ihr ihm schuldet?"
Die Waffenknechte traten näher, die Hand zugbereit am Knauf des Schwertes. Die Stimme des Bauern zitterte, als er entgegnete: "Ich bin ein freier Mann und nur dem Kaiser untertan. Was ich heute auf die Burg getragen habe, bin ich dem Vogt nicht schuldig. Ich gebe es, damit er mich in Ruhe lässt."
Gellend lachte der Schreiberknecht. "Sag das dem Vogt selber ! Er wird dir dein elendes Hütchen über dem Kopfe verbrennen und dich im Turme ermodern lassen. Dort hast du dann deinen Frieden." Nun konnte sich der Bauer nicht mehr beherrschen, und er platzte heraus: "Schurke, elender ! Geh nur zugrunde an unserem Korn ! Jetzt ist es genug. Frauen und Kinder hungern, weil ihr uns alles stehlt. Über unsern eigenen Boden stampfen die Vogtknechte mit ihren dreckigen Stiefeln und zerstören uns das Korn, das wir mit Mühe und Schweiss angebaut haben. Macht nur so weiter ! Euch geht's auch noch an den Kragen."
Noch hatte der Bauer sein letztes Wort nicht fertig gesprochen, als ihn schon vier Hände packten. Eine Fessel legte sich eng und schwer um seine Knöchel. Von der Stiege her dröhnten harte Schritte. Landenberg der Vogt, war im Anzug. "Was hat der Bauer getan?" fragte er barsch und blieb auf der erhöhten Stiege stehen.
Eifrig verklagte der Schreiber den Gefesselten: "Herr, er hat sich gegen Euch erhoben. Wir mussten ihn binden, sonst hätte er mich angefallen." Amstalden warf einen zornigen Blick zum Schreiber hinüber. "Lügner!" knurrte er. Der Vogt hatte das Wort gehört. Erstaunt über solche Frechheit, näherte er sich dem Gebundenen.
"Seid Ihr nicht mein Untertan, und wie wagt Ihr vor mir zu reden ?" Die Augen des Bauern funkelten. "Untertan? Nein, bei Gott nicht", brach es aus ihm hervor. "Frei waren meine Väter und Urväter. Dem Kaiser und dem deutschen Reich allein gehören wir. Keinem Vogte sind wir untertan." Der Landenberger warf seinen Kopf hoch. "Stehe ich denn nicht für den deutschen Kaiser hier, und verlange ich nicht das, wozu er mir das Recht gegeben hat ?"
Der Bauer schwieg einen Augenblick. Es kochte in seiner Brust. "Vogt seid Ihr uns, jawohl", gab er zurück, "aber Euch hat die Hölle gesandt und nicht der Kaiser. Hass und Rache, Blut und Fesseln brachtet Ihr in unsere Berge. Wartet nur, Herr von Landenberg, einmal wird's auch für uns wieder Tag werden. Der Vogt erbleichte. Mit einer raschen Handbewegung befahl er den Knechten:" Führt den Aufrührer weg in den Turm, vorwärts! Aus meinen Augen mit ihm ! Mein Gott, ich könnte mich sonst vergessen !" Amstalden blickte nochmals zu den Seinen zurück. "Grüsst mir meine Frau und die Kinder !" Ein Stock sauste über seinen Arm. Da verstummte der Bauer. Aber unter dem Tor, das schon dunkel und feucht gähnte, rief er nochmals zurück: "Vergesst mich nicht, wenn's tagt !"
Ein Schrei gellte, der den Obwaldnern durch Mark und Bein fuhr. Dann fiel das Tor. Niklaus Amstalden war getürmt. Von den Bauern, die mit Korn und Linnen, mit Hanf und Anken wartend in der Reihe standen, wagte keiner mehr, ein lautes Wort zu sprechen. Und keiner hob nur seinen Blick, wenn der Schreiber mit knarrender Stimme seine Gaben schmähte. Geschlagen trottete einer nach dem andern zum Tor hinaus in den sonnigen Tag hinein. Nun trat die Witwe des Karli Josef an den Tisch und wollte dem Knecht ihr Stoffbündel übergeben.
"Was will das Bettelweib hier ?" herrschte er sie an. Die Frau sank vor Angst beinahe zu Boden. Mit zitternder Hand schob sie das Gewand näher. Eine Träne netzte den Tisch. "Es ist alles, guter Herr, was ich zu bringen habe. Es ist die Todesgabe für meinen guten Mann selig", stammelte das erschrockene Weiblein.
"Was geht mich dein Mann an ?" bauzte der Wüterich am Tisch. " Mit diesem schäbigen Fetzen geht uns kein Knecht vors Tor. Wir werden die Ziege holen, wenn nichts anderes da ist."
"die Geiss, Herr, kann ich nicht geben. Ich habe sonst nichts mehr zum Leben", klagte die Frau.
Zornig schlug der Mann die Fäuste auf den Tisch und brüllte: " Hört das Gejammer bald auf ? Das Gewand ist unser und die Geiss auch, verstanden ?"
Alle schwiegen. In diese unheimliche Stille fiel ein herzzerreissender Wehschrei, dann folgte ein heiseres Jammern, das allmählich erstickte. "Sie martern unsern Niklaus Amstalden in der Folterkammer", raunten die Bauern im Hofe einander zu. Aber einer unter ihnen wurde laut. "Teufel seid ihr !" schrie ein junger Bursche, der sich nicht mehr halten konnte. wutschnaubend lief er zum Tisch, stemmte seinen Butterballen hoch und schleuderte ihn mit Wucht auf den Tisch nieder, so dass der Schreiber ängstlich zurückwich und samt dem Stuhl rücklings zu Boden stürzte.
Soll ich den Wurm zerstampfen ?" durchzuckte es den Burschen. Dann warf er einen Blick zum Tor. Noch stand es weit offen, und seine Leute wichen auseinander. Da riss er aus. Wie vom Tode gehetzt, rannte der junge Arnold den Burgweg hinunter und eilte heim ins Melchtal.
Die Rache des Vogtes                 
Ein tiefblauer Himmel wölbte sich über dem Melchtal. Nur den Bergen entlang segelten ein paar milchweisse Wölklein. Aus der schattigen Schlucht, in der die Melchaa schäumend zu Tale sprang, wehte ein frisches Morgenlüftchen. In den Blütenzweigen jubilieren die Finken, und auf dem Dach der Scheuer flötete eine Amsel. Im saftgrünen Gras weideten die Kühe, tummelten sich die Kälblein und zirpten die Grillen ihr eintöniges Lied. Hoch über dem Tale, in einsamen Lüften, zog der Adler seine stillen Kreise. "Hüoo, hüü!" Der stramme, junge Melchtaler hielt den Pflug an und tätschelte seine beiden Ochsen. "So ist's recht, brav habt ihr gezogen, immer schön miteinander", lobte Arnold seine Tiere und gönnte ihnen gerne eine kurze Rast.
Melchaaschlucht:
Zum Wandern empfohlen:  Bahnhof Giswil - Aussichtspunkt Melchaadossen - Cholplatz - Werkanlage EWO - Lochkeller - Rinderhüttli - Bahnhof Giswil
Wandertipp
Während der Bauer sein Znünibrot verzehrte, blieb ihm plötzlich ein Bissen im Munde stecken. Starr blickte er gegen den Tobelweg hinunter. Dann packte er hastig sein Brot wieder ein und trieb die Ochsen an. "hü, Bär, es geht weiter ! Bis zum Mittag sind wir fertig."
Konrad, der Knecht, verstand gar nicht, warum es Arnold plötzlich so eilig hatte. Halb verwundert und halb verärgert fragte er seinen jungen Meister: "Was ist los, Erni, gibt's heute keinen Znüni ? Ich habe Hunger." "Ich auch - pflüg jetzt weiter!" bekam er zur Antwort. Arnold aber wagte nicht mehr, hangabwärts zu blicken. Dort unten - er hatte sie gesehen - kamen die Knechte des Landenbergers.
"Die Bluthunde, was wollen sie ?" knurrte er vor sich hin. Nun hatte auch Konrad die Fremdlinge entdeckt. Entrüstet rief er Arnold zu : "Schau, dort unten kommt jemand ! Mitten durchs hohe Gras stampfen sie. Sind die verrückt ?"
Arnold aber wandte seine Ochsen am Ende der Furche, als ob ihn die Fremden nichts angingen. Diese näherten sich dem Acker und schritten schnurstracks auf den jungen Bauern zu. Einer der Knechte - er war mit einem grünen Wams bekleidet - trat sogar in die frisch gepflügte Erde und rief mit drohend erhobener Hand: "Halt, Bauer, wir kommen im Namen des Landvogtes!"
Arnold pflügte weiter, als ob er nichts gehört hätte. Konrad schritt hintendrein und steuerte den Pflug. Der Anführer gab ein Handzeichen. Da sprangen seine Begleiter in den Acker, fassten die Ochsen an den Halftern und brachten mit Mühe das Gespann zu stehen.
"Hände weg ! Lass meine braven Tiere in Ruhe!" fuhr Arnold die Knechte an.
Diese gaben frech zurück: "Die Ochsen sind unser. Du kannst den Pflug selber durch den Dreck ziehen."
"Der Vogt hat kein Recht, uns die Tiere wegzunehmen. Wir haben gezinst, und wir sind ihm weiter nicht mehr schuldig", gab Arnold mit fester Stimme zu verstehen.
"Zinsen nennst du das, was du dir auf der Burg erlaubt hast ? Schurkenstreiche sind das. Warte nur, der Vogt wird sie dir gründlich austreiben !" Der Knecht im grünen Wams lachte mit schneidendem Hohn. "Spannt die Ochsen aus, vorwärts!" befahl der Anführer energisch. Wie eine schützende Wettertanne stellte sich der junge Bauer vor seine lieben Tiere.
"Zurück !" rief er und schwang den Stock, dass die Luft sauste. "Hände weg, verfluchter Kerl !" wiederholte er. Seine Augen blitzten, und unter dem weiten Hirtenhemd wogte seine Brust.
Doch der Knecht liess nicht locker, sondern fasste das Joch noch kräftiger an, während ein anderer am Lederzeug zu nesteln begann.
Da sauste der Stock nieder. "Au, auuu!" heulte der Getroffene und leckte sich das Blut vom Finger. Er tanzte von einem Bein auf das andere, während er mit seiner rechten Hand die schmerzende Linke umklammerte. Der Knecht im grünen Wams schickte die beiden andern aus dem Acker weg. Dann trat er zum Bauern hin und drohte ihm mit erhobenem Finger : "Schurke, das hast du keinem Toten angetan ! Wir werden uns auf der Burg wiedersehen. Denk daran, der Turm ist feucht und dunkel, die Wassersuppe dünn ! Auch dich werden wir weich kriegen, Spitzbube." Hierauf machten sich die Herrenknechte davon, eilig dem Vogt zu melden, was geschehen war.
Auf der Flucht
Konrad sass auf der rohgezimmerten Bank vor dem Hause. Die Nacht war schon hereingebrochen. Ab und zu guckte der Mond aus einem Wolkenfenster in die stille Welt. Da konnte Konrad die Fledermäuse erkennen, die lautlos um den Nussbaum flatterten. Der Knecht begab sich nochmals in den Stall, um nachzusehen, ob bei den Tieren alles in Ordnung sei. Dann polterte er mit seinen groben Holzschuhen über die hohe Schwelle ins Haus. Vater Heini sass im roten Lichtschein des Feuers ganz nahe am offenen Kamin. Er war in trübe Gedanken versunken und atmete schwer. Die Mutter hatte das Nähzeug vor sich ausgebreitet. Aber der Kummer, der wie ein Stein auf ihrem Herzen lag, liess sie keinen Stich tun. Tränen tropften ihr auf den Schoss, und tiefe Falten durchfurchten ihr Gesicht. Neben ihr stand Margret, das kleine hübsche Mädchen mit den blonden Zöpfen. Leise flüsterte es der Mutter zu : "Brauchst keine Angst zu haben. Der Noldi kommt ganz sicher wieder heim. Beim Vetter in Uri drüben können ihn die Knechte des Vogtes nicht holen."
Der Vater starrte ins Feuer und seufzte: "Der dumme Bub, uns alle stürzt er ins Elend, der Hitzkopf. Der Landenberger wird das Blut bestrafen, das heute in den Acker geflossen ist."
Die Mutter horchte auf. Hatte sie nicht Schritte gehört ? Entsetzen stand in ihrem Antlitz. Draussen wurden Stimmen laut. Konrad schob den Fensterladen zurück und rief in die Nacht hinaus: " Wer ist draussen ?" "Frag nicht, mach die Türe auf !" erscholl es aus dem Dunkeln. "Auf da, wir haben keine Zeit zu warten !"
Und schon hämmerten Fäuste gegen die Türe. Totenblass, die beiden Hände vor dem Gesicht, stand Margret in der Ecke neben dem Kamin. Der Vater fasste das zitternde Kind am Arm. "Du Dummes, steig hinauf in die Diele und versteck dich gut, sonst nehmen dich die Rohlinge mit auf die Burg !"
Während das Kind hastig die Leiter erklomm, schlugen die Knechte gegen die Türe, so dass der Drehpfosten bedenklich krachte. Die rauhen Stimmen drohten : "Wird's bald, oder wir werfen Feuer aufs Dach !"
Konrad fasste die schwere Axt beim Scheitstock und wollte sich mit ihr zur Türe begeben. Der Vater aber wehrte es ihm. "Lass das, mit Schlagen richten wir nichts aus !" Gefasst schritt er zur Türe und schob den Balken zurück. Wie eine wilde Horde drängten die Männer herein. "Schaff mir den Buben her, Alter !" schnauzte der vorderste der Eindringlinge. "Verzeiht, er ist nicht hier ! Er hat das Haus verlassen und ist in die Berge geflohen. Gott weiss, wo er ist", beteuerte der Vater. Die Knechte schlugen ein schallendes Gelächter an, und der Anführer höhnte: "Du alter Fuchs, dich kennen wir, so leicht entgeht uns dein Bube nicht." Seinen Knechten aber befahl er: " Kehrt dem Alten das Haus und bringt mir den Elendschinder zur Stelle!"
Nun polterten die rohen Männer durchs ganze Haus, durchsuchten und durchschnüffelten Kisten und Kästen, warfen die Stühle um, kehrten die Laubsäcke und schlugen zuletzt im Keller die Fässer entzwei.
Die Mutter stiess einen Schrei aus, als einer der mutwilligen Knechte die Leiter bestieg und mit der Fackel in die Diele leuchtete.
"Ihr zündet uns das Dach an. Um Himmels willen kommt herunter !" flehte die Mutter. Sie bangte um ihr Kind. Der Vater fasste den Knecht am Arm und zog ihn von der Leiter weg. Entschlossen sprach er: "Lasst ab, ihr findet den Buben nicht ! Und damit ihr mir endlich glaubt, dass er nicht hier ist, will ich mit euch auf die Burg kommen. Ich weiss, mein Sohn ist schuldig. Ich werde den Vogt um Verzeihung bitten und, wenn's sein muss, auch büssen."
"Du willst mich verlassen, Heini ? Nein, das darfst du mir nicht antun." Die Mutter schwankte und fiel in Ohnmacht. Konrad trug sie auf einen Stuhl und blieb bei ihr, bis sie wieder zu Sinnen kam. Unterdessen hatten die Schergen den Vater auf ein Pferd gebunden. Der Mutter wollte das Herz brechen, als sie sah, wie die Spiessgesellen ihren guten Mann in die finstere Nacht hinaus entführten. Zitternd wie Espenlaub stieg Margret von der Diele herunter und warf sich der Mutter in die Arme. Beide hielten einander innig umschlungen und schluchzten Herzzerbrechend.
In der gleichen Nacht hielt sich Arnold in einem Heuschober auf der Farnalp versteckt. Beim Morgengrauen setzte er seinen einsamen Weg fort über abgelegene Alpen, durch reissende Wildbäche und steilen Rüfen entlang dem Urnerland entgegen.
Die Schandtat
Der Landvogt stand mit verschränkten Armen im grossen Rittersaal. Seinen Blick hatte er zur Decke gehoben, wo er die neuen Malereien bewunderte. Durch die Fensterscheiben neben dem prunkvollen Kamin fielen farbige Lichtstrahlen in den Raum und bildeten am Boden bunte Kringel. Die Türe öffnete sich. Zwischen zwei Knechten, mit schweren Ketten gefesselt, schleppte sich der Melchtalbauer in den Prunksaal. Sein Gesicht war entstellt von den blauen und roten Beulen, welche ihm die Folterknechte geschlagen hatten.
Der Landvogt brüllte den gebrochenen Mann an: " Heraus jetzt mit der Sprache ! Wo steckt dein Bub ?"
Der Bauer zuckte die Achseln und schwieg. Das machte den Landenberger rasend. Er schüttelte den Gefesselten und schrie in an: "Gibst du mir endlich Antwort, du niederträchtiger Fuchs, oder muss ich dich in den Ketten zermalmen lassen ?"
"Ich kann nicht sagen , was ich nicht weiss", antwortete der arme Mann. " Lügenmaul, du kennst mich nicht, sonst würdest du nicht wagen, meinen Zorn zu erregen !"
"Würden wir Euch nicht kennen, mein Sohn wäre nicht in die Berge geflohen", wagte der Greis zu widersprechen.
Bei diesen Worten fuhr der Vogt wie ein Besessener auf und schrie durch den Saal: " Die Eisen ins Feuer ! Brennt dem Schurken die Augen aus!" Mit ausgestrecktem Arme wies er den Gefangenen samt seinen Schergen zum Saal hinaus.
Noch am gleichen Abend gellten furchtbare Schreie durch die Hallen der Burg. Im Stall und Hof verstummten die Knechte, und die Mägde bekreuzigten sich. "Der Herrgott sei dem Armen gnädig !" als das Wehgeschrei verstummt war, kehrte wie ein Fluch eine unheimliche Stille in die weiten Räume der Burg zurück.
Am andern Tag tastete sich ein gebrochener Mann den Burgweg hinunter. Es war der geblendete Melchtalbauer.
Werner Stauffacher
Von blühenden Blumen umgeben, sass Frau Gertrud auf der Bank vor ihrem neuen, stattlichen Hause. Die letzten Sonnenstrahlen gleissten in den blanken Butzenscheiben, während die bunten Wappenbilder über der obersten Fensterreihe schon im Schatten lagen. Vom Kirchturm herüber glöckelte es Betzeit, und wie zwei mächtige Herolde glühten die Mythen im Abendschein. Mit gefalteten Händen las die Stauffacherin den schmucken Hausspruch, der zwischen den leuchtenden Fensterblumen die wuchtige Hausfront zierte: " Gott schütze Haus und Land vor Hunger, Not und Brand !" Frau Gertrud atmete erleichtert auf, als sie ihren Mann auf dem Weg zum Hause erblickte.
Landammann Werner Stauffacher war am Morgen nach Brunnen gefahren. Da er nun einen strengen Tag hinter sich hatte, setzte er sich erschöpft neben seiner Frau auf die Bank nieder. Auf den Bergen war das letzte Licht erloschen. Eine Amsel sang im Gezweige, und auf einem fernen Bauernhof kläffte ein Hund. Nach einem kurzen Schweigen begann Stauffacher zu berichten : " Ich habe heute vernommen, Kaiser Rudolf sei vor ein paar Tagen in Speyer gestorben."
Frau Gertruds Augen leuchteten auf: "Der Kaiser tot, dann sind wir ja wieder frei. Jetzt könnt ihr's doch wagen. Jagt die Vögte zum Land hinaus ! Wie wird sich Walter Fürst freuen ! Wissen sie die Nachricht schon in Uri ? - Warum freust du dich den nicht, Mann ? Wenn doch der Kaiser tot ist, was wollen die Vögte noch ausrichten ?" Frau Gertrud glühte vor Eifer. "Vorläufig hocken sie noch fest in ihren Burgen", antwortete der Landammann ohne Begeisterung. "Eben hat Gessler verkünden lassen, er sei jetzt Regent im Land, bis der neue Kaiser gewählt sei. Für das Kaiserbegräbnis fordert er eine neue Abgabe. Der silberne Sarg für den toten Habsburger kostet Geld. Wer nicht zahlen will, den schickt Gessler nach Silenen. Dort baut er jetzt einen neuen Gefängnisturm, mit dem er die Urner bezwingen will. Zwing-Uri nennt er ihn. Siehst du Frau, es wird nicht so leicht sein, mit diesen verhassten Herren abzurechnen."

Meieramtsturm der Edlen von Silenen, erbaut im 11. oder 12. Jahrhundert  

Stauffacher schwieg. Plötzlich schreckte das Traben von Rossen die friedlichen Leute im Garten auf. Um die Ecke ritten schon die Trabanten des Vogtes daher. Hinter ihnen, auf stolzem Hengst, folgte Gessler selber. Sein tross war schon vorüber, als der Vogt sein Pferd anhielt und finster zum neuen Hause emporblickte. Er führte seinen Rappen näher an den Garten heran und schaute hochmütig auf den Landammann nieder, der sich von der Bank erhob und den Vogt ehrerbietig grüsste.
"Wer bist du, dass du in einem solch vornehmen Hause wohnst ?" fragte Gessler, ohne Gruss, schneidend und barsch. Stauffacher antwortete: " Ihr kennt mich wohl, Herr. Ich bin der Stauffacher." Ein rauhes Lachen schüttelte den Vogt. "Ach so, der Landammann, der die Bauern verhetzt. Dafür haust er in einem Prunkhaus, wie selbst ein Edler kein schöneres besitzen könnte. Ein nobler Bauer, das muss ich sagen."
Das Blut wich Stauffacher aus dem Antlitz. Seine Frau fasste ihn heimlich bei der Hand und schaute ihn flehend an. Da beruhigte sich der Landammann wieder. Aber schon traf ihn Gesslers zweite Frage: "Wem gehört dieses Haus ? Ich will es wissen." Stauffacher blieb ruhig und gab kurz und bündig Antwort. "Das Haus ist mein, vom Kaiser mir verliehen." Jetzt brauste Gessler auf. "Was sagst du, Bauer ? - Dein Haus ? Weisst du nicht, dass du ein Knecht und Untertane bist und kein Recht hast, ein Haus zu bauen, wie es dir gefällt ? Soll ich dich zur Zwing-Uri schicken ? Dort kannst du an deinem eigenen Gefängnis bauen."
Frau Gertrud wollte das Herz stille stehen, als sie das Wort "Zwing-Uri" vernahm. Werner spürte den Schrecken seiner Frau und wollte darum den Vogt nicht unnötig reizen. Nochmals antwortete er gelassen : "Ich habe mein Haus auf meinem eigenen Boden gebaut. Dem Vater gehörte das Land, und das Haus ist bezahlt." Das Gesicht des Tyrannen verzerrte sich bei diesen Worten. Jäh griff er in die Zügel, so dass sich das Ross aufbäumte. Die Frau schrie auf.
"Schrei nur, Weib !" rief Gessler, bevor er sich entfernte. "Ich werde deinem Mann noch zeigen, wer hier in Schwyz Herr und Regent ist. Bauern und Taglöhner bauen keine Steinhäuser. Lass euch das gesagt sein ! Ich werde euch wieder finden." Dann sprengte der Wüterich auf seinem schwarzen Hengst davon. Sein Mantel flatterte, und die Auerhahnfeder wiegte sich im wilden Galopp.
Die Burgruine Zwing-Uri (früher auch Twing-Ury) steht auf dem Hügel «Flüeli» nördlich von Amsteg in der Gemeinde Silenen.
Gessler ritt in Altdorf ein. Schnurstracks lenkte er sein Pferd auf den Dorfplatz. "Der Vogt ist da !" Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht bei den Altdorfern. Die Mütter riefen ihre Kinder ins Haus, und die Männer schlugen die Fenster zu, als der Hufschlag an ihre Ohren drang. Auf dem Platz, mitten im Dorfe, stand eine hohe Stange. Auf dieser hatte Gessler seinen Hut aufgepflanzt und den Urnern verkündet: " Wer den Hut nicht grüsst, und wer ihm nicht die Ehre erweist, die ihr eurem Vogt und Gebieter selber schuldig seid, der ist ein Feind des Kaisers und wird harte Strafe erfahren."
Seit dieser Hut an der Stange hing, war der Dorfplatz wie ausgestorben. Niemand mehr betrat ihn, und die Wächter unter dem Hut langweilten sich. Gessler sah sich auf dem menschenleeren Platz verwundert um. Barsch wandte er sich an einen der Wächter: " Gibt's etwas zu melden ?" Der Angeredete rannte zum Pferd, verneigte sich tief vor seinem Herrn und berichtete: " Vom Morgen bis zum Abend kommt hier kein Mensch vorüber. Nur die Hühner und die Schweine tummeln sich auf dem Platz." Gessler schüttelte verärgert den Kopf, gab dem Pferd die Sporen und liess den Knecht ohne Antwort stehen. Er sprengte dorfauswärts Silenen zu, wo er den Bau der Zwing-Uri besichtigen wollte. Dort bimmelte das Glöcklein vom Turme. Die Fronbauern liessen ihre Pickel fallen und falteten die Hände zum Gebet, wie sie es sich von alters her gewohnt waren. Aber da donnerte die Stimme des Aufsehers: "Hat euch der Vogt zum Beten angestellt oder zum Arbeiten ?" Dabei sauste die Peitsche über den, der am nächsten stand. Das zerrissene Hemd färbte sich rot.
Es war schon ganz dunkel geworden, als von Silenen her Pferdegetrappel hörbar wurde. Nicht mehr lange dauerte es, da stand Gessler im Hofe, den seine Begleiter mit Fackeln erhellten. die Frontleute warteten auf die Abendsuppe. Unwillig erhoben sie sich vor Gessler. Jeder hielt den Holznapf in der Hand und spähte gierig nach dem Essen. Schon seit Stunden knurrte ihnen der Magen. Wie Verbrecher mussten die Männer dastehen, und keiner durfte ein lautes Wort sprechen. Ihre Nacken beugten sich noch tiefer, als der Vogt an ihnen vorüberschritt. Keiner wollte den Verhassten sehen.
Gessler aber rief sie auf: " Wieso steht ihr herum ? Bald ist der Winter da, und die Burg muss stehen, bevor es einschneit, verstanden !"
Die Aufseher rannten herbei und brüllten aufgeregt : "Fort an die Burg jetzt ! Volle Bäuche arbeiten nicht gern !" Solche Sprüche gefielen dem Vogt, und er lächelte hämisch und befriedigt vor sich hin.
Ein junger Steinauer, der Rüti Josef, trank noch seelenruhig seine Suppe weiter, als seine Kameraden schon wieder an der Arbeit waren. Der Knecht schlug ihn mit der Peitsche, dass er den Holznapf fallen liess. Der Vogt hatte das Gepolter gehört und trat näher.
"Er gehorcht nicht. Der Bauer will seinen Stierennacken nicht beugen", verklagte ihn der Aufseher. "Sperr ihn ein !" befahl der Vogt unwirsch, "ich kann keine Rebellen brauchen."
Der Aufseher getraute sich zu sagen :" Herr, wir haben noch kein Gefängnis fertig gebaut. Wohin soll ich ihn bringen ?" Gesslers Zorn schwoll an: " Faulenzer, Tagediebe seid ihr ! Wenn ihr noch keinen Kerker habt, so baut sie. Tag und Nacht sollt ihr keine Rast bekommen, bis die Zwingburg fertig ist. Los, bindet den Rebellen ! Legt ihn in Ketten und bringt ihm mit Peitsche das Gehorchen bei ! Sobald ihr ein Kerkerloch fertig habt, werft ihn hinein !"
Die Fronmänner , die die kreischende Stimme Gesslers vernahmen, sahen einander an. Im Scheine der Fackeln glichen ihre Augen glimmenden Feuern. Einige murrten, andere hieben verbissen die Pickel auf die Steine. Gessler bestieg sein Ross. Bevor er ihm die Sporen gab, wandte er sich nochmals an die Aufseher: "Noch etwas, he ?" Weil alle schwiegen, entfernte er sich mit seinem Gesinde.
Geduckt und wundgeschlagen kehrte Josef an die Arbeit zurück. Die ganze Nacht hindurch fielen die Hämmer und Pickel auf die Steine, und in hellen Klängen widerhallten die Schläge am nahen Felsen.
Der Schwur
Der junge Melchtaler und sein Vetter Walter Fürst sassen zusammen am schweren Eichentisch in der dämmerigen Stube. Die Base schob die Läden vor, dann holte sie den Öltiegel in der Küche, zündete den Dolcht an und stellte das Licht auf den Scheffel. Eine schwarze Nacht war über Altdorf hereingebrochen.
Seit Arnold sich in ihrem Hause versteckt hielt, kannte die Frau keine ruhige Stunde mehr. Vor ein paar Tagen waren bewaffnete Knechte ins Haus eingedrungen und hatten in allen Kammern den flüchtigen Melchtaler gesucht. Noch steckte ihr der Schrecken in allen Gliedern, und beim leisesten Knacken im Gebälk horchte die Base auf wie ein scheues Reh. Niedergeschlagen setzte sie sich auf die Bank neben dem Kamin und begann leise zu beten.
Es klopfte an die Türe. Walter Fürst schob den Riegelbalken zurück. Er hiess seinen späten Gast freundlich willkommen und führte ihn in die heimelige Stube. Werner Stauffacher wischte den Schweiss von seiner braunen Stirne und begann noch keuchend die ersten Worte zu sprechen: "Es ist ein Elend, so zu leben." "Ihr habt Kummer, guter Freund ?" fragte Walter Fürst mit seiner weichen ruhigen Stimme.
Da schüttete der Landammann das Herz aus: "Der verruchte Gessler hat mir Rache geschworen, weil ich auf meinem eigenen Grund und Boden ein neues Haus errichten liess. Taglöhner und Bauerngesindel hat mich der Frechling gescholten. Und nun bin ich meines Lebens nicht mehr sicher vor dem Henker. Nein, ich lass mich nicht in den Turm werfen. Sind wir denn Sklaven, die man einfängt und ertränkt wie die Mäuse ? Ich meine, es ist jetzt höchste Zeit, dass wir uns wehren und den Vögten den Garaus machen. Ich pfeife auf ein solches Leben in Angst und Verfolgung. Wir sind es unseren Kindern schuldig, dass wir die Waffen schmieden und ihnen eine freie Heimat als Erbe hinterlassen."
In den Augen des jungen Arnold leuchtete eine heimliche Freude auf. Der Stauffacher hatte ihm ganz aus dem Herzen gesprochen. Sich zusammenschliessen, die Waffen schmieden und die Burgen anzünden, davon hatte er schon in mancher Nacht geträumt. Er glühte beim Gedanken, dass nun die Zeit der Vergeltung gekommen war. Gespannt wartete er auf die Antwort seines Vetters.
Walter Fürst strich sich durch seinen ergrauten Bart, während er sich noch einen Augenblick besann. Dann begann er zu sprechen: " Mein Freund, die Vögte können wir vertreiben. Das wird uns gelingen. Aber was richten wir aus gegen ein glänzendes und kriegsgewohntes Ritterheer der Habsburger ? Wir würden geschlagen, und unsere Kinder hätten noch grössere Plagen auszustehen, als wir sie heute erdulden."
"Der Kaiser ist tot, und in den Bergen kann das beste Ritterheer nicht kämpfen", platzte der junge Bursche heraus. "Wenn wir zusammenstehen, die Männer von Uri, Schwyz und Unterwalden, werden wir stark sein, und Gott wird uns beistehen."
Der greise Vetter dämpfte die Begeisterung des Jungen. " Du bist noch unerfahren und hast heisses Blut in deinen Adern. Wir dürfen keine unüberlegte Tag wagen."
Ein heftiges Gepolter an den Fensterläden unterbrach den Vetter. Eine krächzende Stimme ertönte von draussen: "Habt keine Angst ! Der Balz ist's."
Walter Fürst schob den Laden zurück und rief der zerlumpten Gestalt zu: "Bekommst keinen Schnaps heute Abend. Kannst im Stall ruhen. Die Decken sind im Tenn. Geh jetzt und schlaf gut !"
Balz aber blieb stehen und beteuerte, er habe noch etwas Wichtiges zu melden. Er komme von der Blackenalp. Dort habe er von einem Unterwaldner erfahren, der Heini von Melchi sei geblendet worden. Es sei furchtbar, mit glühendem Eisen die Augen ausgestochen. "Gut' Nacht."
Arnold hatte die Worte des Alten verstanden. "Geblendet !" schrie er. "Wenn das wahr ist !" Er ballte die Fäuste, und eine Weile starrte er stumm vor sich hin. Dann fuhr er plötzlich auf und rief: "Der Schuft soll nicht mehr weiterleben!"
Nochmals bäumte er sich auf, dann brach sein Zorn wie ein loderndes Strohfeuer in sich zusammen, und er schluchzte laut. Walter Fürst und Werner Stauffacher sahen einander schweigend an. Der Schmerz des Jungen einigte sie. Der greise Vetter fasste den Unglücklichen bei der Hand und gelobte ihm: "Sei guten Mutes, wir werden deinen Vater rächen ! Wir schwören es." Werner Stauffacher und der junge Melchtaler wiederholten die feierlichen Worte: "Wir schwören es." Hierauf suchten die drei ersten Eidgenossen ihre Nachtlager auf.
Gesslerburg in Küssnacht. Sie ist wie die Hohle Gasse im gleichen Ort. Laut dem Geschichtsschreiber Aegidius Tschudi soll sie der Sitz von Landsvogt Hermann Gessler gewesen sein. Die Ruine der Gesslerburg befindet sich seit 1908 im Besitz der Schweizerischen Eidgenossenschaft.
Gessler, der «Reichsvogt in Schwyz und Uri», ist ein legendärer Vogt der habsburgischen Herrschaft in Schwyz und Uri zur Zeit der Entstehung der Alten Eidgenossenschaft. Nach der Legende bei Aegidius Tschudi soll Wilhelm Tell, ein Mitglied im Bund der Eidgenossen in der Hohlen Gasse bei Küssnacht am Rigi den hohen habsburgischen Staatsbeamten Gessler mit einem Pfeil aus seiner Armbrust erschossen haben, nachdem dieser ihn zum Apfelschuss gezwungen hatte und danach lebenslang einkerkern wollte. Dieser Mord sei der unmittelbare Anlass gewesen für den bewaffneten Aufstand der heimlich Verbündeten.

 

                                   

                                     Quelle: Wickipedia.org

Der Hut auf der Stange
Rings um den Dorfplatz zu Altdorf war alles ruhig. Wie eine verlassene Vogelscheuche auf einem abgeernteten Acker baumelte Gesslers Kopfputz auf der hohen Stange. Der eine Wächter lehnte sich müssig gegen eine Mauerwand und gähnte vor Langeweile, während der andere zum Zeitvertreib mit einem Sandstein die Schwertschneide blank schabte. Von Zeit zu Zeit suchte ein durstiger Altdorfer das Wirtshaus am Platze auf. Damit er den Hut nicht grüssen musste, drückte er sich den Häusern und Zäunen entlang, bis er im Hausgang verschwinden konnte.
Auf einmal entstand eine Aufregung auf dem Platz. Aus einem Gässlein schoss ein Schweinchen hervor und raste mitten auf den Platz. Hier blieb es stehen und schnüffelte am Boden. Allmählich näherte es sich der Stange. "Schaff das Schweinevieh weg !" schnauzten die Wächter das Weiblein an, das mit einem Stock in der Hand am Rande des Platzes stehengeblieben war und verzweifelt das entlaufene Tierchen zu sich lockte. Wenn nur die Stange nicht wäre ! Sie konnte doch den Platz nicht betreten, ohne sich vor dem Hut zu verbeugen. Und dem Gessler die Ehre geben, nein, das wollte die Frau auf keinen Fall tun. Das Schweinchen aber schien sich auf dem menschenleeren Platze recht wohl zu fühlen. Es glaubte sich hier sicher, und dass die Knechte laut schimpften und wetterten, machte ihm nicht sonderlich Eindruck.
Als der kleine Köbi sah, wie die arme Liese vor Angst und Aufregung sich kaum mehr zu helfen wusste, rannte er mitten auf den Platz, verneigte sich brav vor dem Hute und fasste das Schwein am Strick. Er hob es auf die Arme. Fast wäre er mit dem schreienden und strampelnden Tierchen gestrauchelt.
Die alte Frau wusste kaum, wie sie dem hilfreichen Buben danken sollte. Sie strich ihm mit der Hand durch seinen blonden Wuschelkopf und flüssterte ihm ins Ohr :" Komm mit mir ! Ich habe noch etwas Gutes für dich daheim. Bist ein kleiner Engel gewesen. Aber weisst, vor dem Gesslerhut hättest dich nicht verneigen sollen."
"Das hab' ich mich auch nicht", setzte sich der Bub eifrig zur Wehr. "Weisst, Liese, ich habe neben dem Hut vorbei zum Himmel empor geblickt und, als ich das Knie beugte, leise für mich gesprochen: "Lieber Gott, vor dir verneige ich mich. Vertreib den Gessler und die Vögte aus unserem Land !"
Die Alte musste herzhaft lachen, und doch glänzte eine Träne in ihren Augen. Der kleine, witzige Köbi war immer so gut mit ihr.

Apfelschuss in Altdorf

Der Apfelschuss
Es ging gegen Mittag. Die Sonne brannte heiss hernieder. Schläfrig hockten die Wartknechte in der Nähe der Stange. Sobald von irgendwoher Hufschläge zu vernehmen waren, schnellten sie auf, um in strammer Haltung dazustehen, sollte etwa Gessler im Anzug sein. Am Morgen war er gegen Silenen geritten, um bei der Zwing - Uri zum Rechten zu sehen. Jeden Augenblick konnte der gestrenge Herr zurückkehren.
Plötzlich widerhallte Mannesschritt von den Hauswänden. Ein baumstarker , junger Mann mit geschulteter Armbrust, einen munteren Buben an der linken Hand führend, schritt über den Platz. Der Wächter blickte auf. Der eine stiess den andern in die Seite und flüsterte ihm zu: " Der Tell aus Bürglen. Sein Sohn ist mit ihm." Vater und Sohn schritten geradewegs am Hut vorbei. Auf diesen Augenblick hatten die Knechte schon lange gewartet. Wie von einer Wespe gestochen, schossen sie hoch und riefen: " Halt da, ihr habt den Hut nicht gegrüsst !" Die Angeredeten blieben stehen. Doch lachte Tell kurz auf und wollte sich entfernen.
"Halt, nicht weiter !" befahl der eine Wartknecht mit scharfer Stimme, während der andere aus Leibeskräften pfiff, um die übrigen Spiessgesellen herbeizurufen. Fünf weitere rannten daher und stemmten Tell ihre Spiesse vor die Brust. Der Knabe schrie: "Lasst den Vater los!" Das Bübchen hielt sich krampfhaft am einen Bein des Vaters. "Brauchst dich nicht zu fürchten", ermunterte Tell sein Kind, und zu den Knechten gewandt, sprach er verärgert: "Macht hier kein Aufsehen und lasst mich ziehen!"
Aber die Knechte gaben keine Antwort, sondern fuchtelten immer drohender mit ihren Waffen. aus den Gassen und den umstehenden Häusern liefen die Leute herbei. Laut klagten sie: "Um Gottes willen, der Tell ist gefangen!" Alle kannten und liebten den starken Bauern aus Bürglen, der kein Wetter und keinen Sturm auf den Bergen und dem See fürchtete.
"Wäre er doch daheim geblieben ! Jetzt ist er dem wüsten Gessler ins Netz gegangen. Und der kleine Wälti, wie er zittert vor Angst !" so jammerten die Leute, doch niemand wagte, die beiden aus den Händen der Knechte zu befreien. Trotzig wie ein Baum, der nicht zu fällen war, stand Tell zwischen den vorgestreckten Lanzen und blickte furchtlos um sich. Da ertönte ein Horn. Pferdegetrappel erfüllte die Gassen. Der Landvogt ritt auf den Platz, sein grosses Gefolge hinter ihm her. Gessler hörte sich kurz die Klage des Wächters an, dann näherte er sich Tell und fragte ihn herrisch: " Wer bist du, dass du den Hut nicht grüssest ?" " Ich bin der Tell aus Bürglen."
Gessler lachte laut: "Darum meinst du, mein Gesetz gelte für dich nicht." Tell fuhr das Blut ins Gesicht. Das grobe Gelächter des Vogtes hatte ihn beleidigt. Er blieb aber ruhig und antwortete bestimmt: "Ich habe die Gesetze Gottes und des Kaisers immer gehalten. Was Ihr mit dem Hut verlangt ist schmählich. Ein freier Bauer beugt sein Knie nicht vor einem leeren Kopfschutz."
Gesslers Gesicht verfinsterte sich, und mit kaltem Blick mass er den starken Bauern vom Scheitel bis zur Sohle. Seine Stimme wurde drohend. " Und wenn ich von dir verlange, dass du vom Morgen bis zum Abend im Dreck kniest, so hast du mir zu gehorchen. Merk dir das endlich, wiederspenstiger Bauer!"
Tell wandte sich verächtlich vom Landvogt ab. "Komm, Walter!" sagte er und fasste den Knaben bei der Hand. Der Knecht aber hielt die beiden zurück. Da schüttelte Tell ihre Hände ab. Seine Augen blitzten böse.
"Lasst mich endlich los ! Herrgott, ihr reizt mich noch !" "Bindet ihn!" brüllte der Vogt. die Armbrust fiel zu Boden. Walter hob sie auf. "Du bist der Sohn ? Gib Antwort !"
Ganz verwirrt blickte der Bub um sich, weil er kaum wagte, mit dem gefürchteten Gessler zu reden. "Bist du es ?" Der verschüchterte Knabe nickte nur, als ihn die scharfe Frage Gesslers zu zweitenmal traf. Rings um den Platz standen die Altdorfer an den Fenstern und Türen. Ihre Herzen klopften bang. Da ging plötzlich ein boshaftiges Grinsen über des Vogtes Antlitz. Was hatte der Tyrann im Sinn ? Er ritt ganz nahe zu Tell und lachte vor teuflischer Freude.
"Du bist ein guter Schütze, wie man sagt." "Ihr wisst es", antwortete Tell kurz und bündig. "Weisst du Bäuerlein, dass ich dir dein Leben nehmen kann, wenn es mir gefällt ?"
Während diesen furchtbaren Worten hatte der Vogt mit seiner Ledergerte Tell über den Kopf gestrichen und hämisch dazu gelächelt. " Ihr habt kein Recht auf mein Leben", erwiderte Tell. Wieder lachte Gessler kurz und trocken. " Kein Recht, sagst du ? Ich will dir heute noch zeigen, wozu ich ein Recht habe. Ich bin ein Freund des Kaisers, verstehst du ? Auch wenn er tot ist, das tut nichts zur Sache."
Er zwinkerte mit den Augen, als er den Knaben wieder anredete: "Dein Vater trifft gut, nicht wahr?" "Gewiss, Herr Vogt", versicherte der Bub bestimmt, "mein Vater trifft jeden Vogel im Flug."
"Wohl denn, so wollen wir uns einmal ein solches Meisterstück ansehen. Stell dich dort unter die Linde ! Der Vater wird dir einen Apfel vom Kopfe schiessen."
Tell wurde totenblass. Die Worte des Vogtes hatten ihn wie ein Blitzstrahl getroffen. Er sah seinen Knaben vor sich. Da trat er näher zum Ross und flehte: " Was denkt Ihr, Herr ? Auf mein Kind einen Pfeil abgeben ? Ihr verlangt zuviel."
Gessler aber höhnte nur: " Wenn du auf dein Kind schiesst, so ist das deine Sache. Ich sage: Den Apfel sollst du treffen. Und jetzt heran an das Meisterstück, sonst bist du verloren!"
Im Kreise schrien die Frauen auf, und die Männer murrten: "Das geht zu weit, Gessler." "Ich hab' keine Angst. Vater, schiess nur ! Ich halte ganz still."
Schon rannte der Bub zum Baum, stellte sich keck an den Stamm und legte sich einen rotbackigen Apfel auf den Kopf. "Vierzig Schritte, keinen mehr und keinen weniger !" kommandierte Gessler von seinem Pferd aus. Die Leute wagten kaum mehr zu atmen. Regungslos stand Tell im Rund. Unterdessen hatten die Knechte vierzig Schritte abgemessen.
Gessler drängte ungeduldig. "Vorwärts, Meisterschütze, ich habe Gescheiteres zu tun, als hier unnütz Zeit zu verlieren !"
Tell raffte sich auf. "Tu es nicht ! Es ist Gott versucht", rief es aus dem Volke. "Ruhe!" befahl der Tyrann auf dem Ross.
Tell spannte den Bügel, legte den Pfeil auf den Steg und sank langsam in die Knie. Nochmals wischte er den Schweiss aus der Stirne und führte fast unmerklich einen zweiten Pfeil in sein Wams. Tief atmete er, als er die Armbrust hob und zu zielen begann. Das Herz hämmerte in seiner Brust. Ein furchtbarer Anblick für den Vater: hier die Pfeilspitze und drüben das liebe Antlitz seines Buben. ein Schleier legte sich ihm vor die Augen. Da senkte Tell die Armbrust nochmals, und leise brach's aus seiner Brust hervor: "Ich kann's nicht." Doch als er plötzlich den zweiten Pfeil fühlte, gewann er neuen Mut. Jetzt ging's rasch. wieder hob er die Armbrust, zielte - und schoss.
"Getroffen ! Tell ist frei ! Gott war mit ihm ! Das war ein Meisterschuss !" tönte es jetzt in einem vielstimmigen Chor.
Wälti rannte mit dem durchbohrten Apfel zum Vater, umtanzte ihn und rief ununterbrochen: " Schau doch, Vater, genau in der Mitte hast du ihn getroffen, ganz genau in der Mitte!"
Der Vater drückte seinen tapferen Buben an sich. Beide waren überglücklich. Was wollte Gessler noch, dass er den braven Tell nochmals anredete ? "Bauer, ich habe dir dein Leben zugesichert. Kannst also ehrlich sein. Sag mir, warum nahmst du noch einen zweiten Pfeil zu dir ?"
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel schlug diese Frage ein. Tell zitterte vor Erregung. Was sollte er sagen ? Eine Ausrede ? Eine Lüge ? Nein, er liebte die Wahrheit. Entschlossen gestand er: " Hätte ich mein Kind getroffen, so wäret Ihr nicht mehr lebend nach Küssnacht gekommen. Der zweite Pfeil hätte Euch gegolten." "So also war es gemeint. Ich hab es mir gedacht", antwortete Gessler. Sein Gesicht hatte sich zigerbleich verfärbt, und plötzlich schnaubte er in einem Wutanfall und brüllte wie ein Stier: "Bindet ihn ! Rebellen, die so gut treffen, darf man nicht frei herumlaufen lassen. Seinen eigenen Mörder im Lande zu wissen, ist kein Vergnügen. Aber meine Türme in Küssnacht sind fest und tief."
Wie ein Verbrecher, inmitten bewaffneter Knechte, wurde Tell an den Seegeführt, wo Gesslers Schiffe am Ufer lagen.

Tellsprung

Das Schiff in Not
Die Knechte hatten ihre Nauen noch nicht weit vom Ufer weggerudert, als ein drohendes Unwetter vom Gotthard her über den Urnersee hereinbrach. Bald raste der See in hohen Wellen , so dass die Schiffe wie Nussschalen hin und her geworfen wurden. Hellauf flammten die Wogen, wenn die Blitze ins brodelnde Wasser niederfuhren. Es krachte in den Bergen, und unheimlich dröhnte das Echo von den felsigen Wänden.
Gesslers Knechte wehrten sich tapfer gegen den tobenden See. Verbissen schlugen Sie die Ruder ins Wasser und stemmten sich gegen die Wucht der Wellen, die gegen den Nauen peitschten. Tell sass am Bug des Kahnes und starrte in das tobende Wasser. Mit keiner Wimper zuckte er, mochte sich auch das Schiff aufbäumen wie ein wilder Hengst und krachend wieder in die Wellentäler fahren, sein Gesicht war wie versteinert. Manchmal blickte Gessler in dieses harte Antlitz, das kantig und verschlossen war wie die Felsen, die beidseitig die Ufer säumten. Jetzt fuhr ein greller Blitzstrahl nieder, ein heller Knall, dann dumpfes Rollen und Kollern in den Bergen. Ein Wirbel erschütterte den Kahn, und Wasserzungen peitschten die Männer an den Rudern.
Gesslers Stimme überschlug sich vor Angst und Zorn: " Fahrt doch nicht so weit vom Ufer weg ! Kopflose Narren, sollen wir alle untergehen in dieser nassen Hölle ?"
Die Knechte verstanden im Heulen und Brausen des Sturmes nicht, was Gessler schrie. Und wieder stürzte das Schiff in den Rachen einer aufspringenden Welle. Der Vogt blickte stier vor sich hin. Er hatte nur noch einen Gedanken: "Heraus aus dieser Hölle!" Tell verstemmte sich mit seinen starken Beinen im schwankenden Schiff. Die Knechte rissen verzweifelt an Steuer und Rudern, aber der Kahn trieb wie ein Schwemmholz auf den Wellen. Als wieder eine schäumende Woge drohend auf das armselige Schiff zurollte, vielleicht die letzte vor dem Untergang, kroch Gessler zu Tell hinüber und befreite ihn von den Fesseln. Der Bauer verstand, was das bedeutete. Er griff nach den Rudern und nahm den Kampf auf gegen den mörderischen Sturm. Ein Blitz erhellte das Ufer. Da wusste Tell gleich, wo sie sich befanden. Er steuerte sein Schiff einem Felsvorsprung entgegen. Rasch warf er dem Vogt, der sich zitternd in seinen samtenen Mantel gehüllt hatte und wie ein Irrsinniger vor sich hin glotzte, einen verächtlichen Blick zu.
Die Felsplatte, nach der Tell spähend Ausschau hielt, rückte immer näher. Jetzt rief er den Ruderern zu: " Zieht fest, wir sind am Ziel!" Krachend stiess der Kahn am Felsen an. Tell fasste seine Armbrust, wippte in die Knie, setzte in einem gewaltigen Sprunge auf dem Felsenboden über und stiess das Schiff hinter sich in den tobenden See zurück. Als Gessler merkte, dass Tell entronnen war, riss er sein Messer von der Seite und drohte: " Auf jetzt ! Der erste, der nachgibt, ist hin. Ich will in diesem verfluchten Wasser nicht umkommen, versteht ihr ?"
Noch eine Weile lang sah Tell vom sicheren Bord aus das Schiff dahintreiben. Dann entschwand der Kahn seinen Augen.
Eilig erklomm der glücklich Gerettete den steilen Uferhang. Manchmal strauchelte er im dichten Gestrüpp, und doch war er noch nie in seinem Leben einen steilen Weg so leicht gegangen. In seinem Herzen jubelte es: "Ich bin frei ! Freiheit, o wunderbares Geschenk!"
Aber plötzlich wich dieser Jubel aus seinem Herzen, und düstere Bilder stiegen vor seinen Augen auf. Er sah wieder den Wälti mit dem frohen Leuchten in seinen Augen, und daneben grinste aus dem Dunkeln die aschfahle Fratze des Vogtes. Tell tastete nach seiner Armbrust und drückte sie, als wäre sie sein liebstes Kind, fest an seine Brust. Während die grässlichen Bilder wie ein Geisterspuk vor seinen Augen schwebten, bewegten sich seine Lippen leise: "Vogt, deine Zeit ist abgelaufen."
Ein schwerer Regen rauschte im Blätterwerk der Bäume, und wie eine Totenklage geisterte der ferne Ruf einer Eule. Tell setzte seinen Weg fort durch dunkle Wälder, dem heimkehrenden Vogt entgegen.
Gegen Mittag des anderen Tages hielt sich der Schütze bei Küssnacht hinter einem Haselbusch versteckt. Zwischen den Blättern hindurch spähte er auf das steinige Bett des Hohlweges hinunter, auf dem er seinen Todfeind erwartete. Dicht neben ihm lagen Armbrust und Pfeil zum Schuss bereit. Als schon die Schatten länger fielen, ertönte der Schall eines Hornes im engen Durchgang. Tell war sicher: Gessler ritt heran.
Ein Bäuerlein, durch das Horn der herannahenden Ritter erschreckt, wollte sein Kuhgespann im engen Pass wenden. Dumpf brüllten die Tiere unter den Stockschlägen. Fieberhaft mühte sich der Bauer, Platz zu schaffen für den gefürchteten Herrn. O Schreck, da krachte die Deichsel des Wagens, und die Tiere liefen mit zerrissenem Zuggeschirr davon. Da nützte dem Bauer alles Fluchen und Rufen nichts. Die Kühe waren toll geworden von den Schlägen und sprangen mit erhobenen Schwänzen geradewegs dem Tross entgegen.
Gessler sah den Bauern, der sich am Wagen abmühte. Da rief er ihm zu: "He, Alter, ich bin mich nicht gewohnt, wegen dreckiger Kühe lange zu warten!"
Der Bauer wagte kein Wort zu wiederreden, sondern versuchte aufgeregt die Kühe einzufangen.
Gesslers Stimme gellte in der hohlen Gasse: "Schafft mir den Kerl aus dem Weg ! Die Kühe nehmt mit auf die Burg ! Ein Bauer, der nicht imstande ist sein Vieh zu führen, soll auch keines haben."
Flink sprangen die Knechte von den Pferden. Zwei banden den Bauern, die übrigen griffen nach den Kühen. Jämmerlich flehte der Gebundene: "Habt Erbarmen, Herr Vogt! Meine Frau liegt krank im Bett. Und ich hab sechs kleine Kinder, die brauchen Milch und Brot."
Ein Schlag traf den Gefesselten. Blutige Striemen liefen über sein Gesicht. Gesslers scharfe Stimme schnitt ihm mitten ins Herz. " Aus meinen Augen, Schuft !"
Da zischte es schwirrend aus dem Gebüsch. Ein Pfeil durchschnitt die Luft. Zitternd steckte er in der Brust des Vogtes. Gessler wankte, dann fiel er seitwärts vom Pferd. Erschrocken eilten die Knechte herbei und hielten den Gestürzten in den Armen. "Herr, was ist Euch geschehen?" fragten sie bang. Der Tyrann schlug seine brechenden Augen auf und verhauchte die letzten Worte: "Das war Tells Geschoss."  Dann starb er.
 
Link zum Tellmuseum in Bürglen: www.tellmuseum.ch  
Viel Spass wünscht Ihnen InfoZentralschweiz.ch

 

mail@infozentralschweiz.ch
 
 
 

 

    

Google

Fahrplan

Routenplaner

Sprachübersetzer
Telefonverzeichnis
Fernsehprogramm
Meteo

Sonntagsverkauf

Marktkalender